Auf die Aussage: „Ich bin Übersetzerin für Englisch und auf IT und IT-nahe technische Fachgebiete spezialisiert“, höre ich immer wieder: „Braucht man heute eigentlich noch Englischübersetzer? Englisch spricht doch eh jeder!“ Klar, spricht heute jeder Englisch, aber Hand aufs Herz, wer traut sich zu ein Softwarehandbuch zu übersetzen? Einen Laserprüfbericht? Marketingtexte für eine IT-Lösung? Oder gar einen Vertrag?
Englischübersetzer sind leicht ersetzbar
Heute glauben viele Menschen, dass sich ein Englischübersetzer durch einschlägige, bekannte Internet Übersetzungsprogramme einsparen lässt, oder, dass der Mitarbeiter, der vor Jahren beispielsweise ein Jahr als Au-Pair in den USA war oder in Australien Work-and-Travel gemacht hat, ein Softwarehandbuch mal schnell neben seiner eigentlichen Arbeit übersetzen kann. Abgesehen von der häufig katastrophalen Übersetzung in Fall eins stellt sich zusätzlich die Frage des Datenschutzes. In Fall zwei kann die Übersetzung des Mitarbeiters zu erheblichen Mehrkosten führen, wenn man dieses Szenario betriebswirtschaftlich berechnet. Dabei sind die Kosten und Auswirkungen eines möglichen Imageschadens durch eine mittelmäßige bis schlechte Übersetzung noch gar nicht eingerechnet.
Jeder darf Übersetzer sein!
Der Beruf des Übersetzers ist nicht geschützt. Jeder kann sich Übersetzer nennen. Aber genauso wie nicht jeder Pianist ist, der zwei Hände besitzt, so ist nicht jeder Übersetzer, der zwei Sprachen spricht. Egal in welcher Reihenfolge der Fachübersetzer seine hohe Sprachkompetenz und das tiefgreifende Fachwissen erworben hat, wichtig ist, dass er in beidem gleichermaßen hoch qualifiziert ist, um Qualitätsarbeit abzuliefern. Fachübersetzer sind hochqualifizierte Menschen mit langjährigem Studium, egal ob sprachlich oder fachlich, und/oder langjährigen Auslandsaufenthalten und etlichen Jahren Berufserfahrung.
Man kann es gar nicht oft genug betonen: Sprachkompetenz und Fachwissen sind gleichermaßen wichtig. Fehlt beispielsweise das Fachwissen, kann es ganz leicht hierzu führen:
Das worst case Szenario
Fertigt jemand eine Übersetzung in einem ihm unbekannten Fachgebiet an, wird es für ihn schwierig die Zusammenhänge zu verstehen. Zusätzlich ist es fraglich gut er sich mit dem Fachwortschatz in diesem Fachgebiet auskennt. Im schlimmsten Fall erkennt er bestimmte Begriffe gar nicht oder deutet sie falsch. So kann ein vermeintlich einfaches Wort in verschiedenen Fachgebieten unterschiedliche Bedeutungen haben oder muss gar umschrieben werden. Denn Bezeichnungen sind in unterschiedlichen Sprachen nicht eins zu eins deckungsgleich, sondern manchmal enger oder weiter gefasst. Ohne ausreichendes Fachwissen ist Recherche extrem zeitaufwendig und es ist so gut wie unmöglich eine hochwertige Übersetzung zu erstellen.
Passen Sprachkompetenz und Fachwissen, läuft eine Übersetzung so ab:
Der Idealfall
Der Fachübersetzer versteht problemlos alle Zusammenhänge, kennt den Fachwortschatz und kann einen Text zügig übersetzen. Sollte er einen Begriff gerade nicht parat haben, oder ihm ein Zusammenhang neu sein, so kann er leicht recherchieren – denn er kennt sich ja in der Materie aus, kennt die einschlägige Fachliteratur und kann die Seriosität der Quellen bewerten.
Fazit
Sie sehen, Sprachkompetenz ist nicht alles. Als Übersetzer muss man neben tiefgreifenden Sprachkenntnissen auch entsprechend solides Fachwissen mitbringen. Bei unserem Beispielmitarbeiter, der sich bestimmt redlich Mühe bei der Übersetzung des Softwarehandbuchs gegeben hat, ist es wahrscheinlich, dass die Sprachkompetenz durch Schulenglisch und Au-Pair oder Work-and-Travel Aufenthalt einfach nicht für eine Qualitätsübersetzung ausreicht, sondern er liefert womöglich ein weiteres Beispiel für die weltweit meist gesprochene und verwendete Sprache: Badly Broken English.
Ausnahmen gibt es immer
Natürlich gibt es immer wieder Menschen, die ein Fach studiert haben, lange im Ausland waren und in ihrem späteren Berufsleben immer mal wieder übersetzen, obwohl das eigentlich nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehört. Auch wenn sich diese Mitarbeiter nicht Übersetzer nennen, so trifft hier hohe Sprachkompetenz auf hohe Fachkompetenz – und das bildet die Basis für hochwertige Übersetzungen.
Die Anregung für diesen Blogpost kam von der Blogparade Mehr Wertschätzung für Solo-Unternehmer die von Monika Birkner ins Leben gerufen wurde.